Der visionäre Initiator ist führend auf dem Gebiet kulturübergreifender Musikereignisse. Komposition, Arrangement, Direktion und Produktion auf höchster Ebene sowie seine jahrelange Auseinandersetzung mit indischer und afrikanischer Musik sind seine Fähigkeiten, die sich in seinen Programmen zu einzigartigen Veranstaltungen verbinden.
Programme mit der WDR Bigband und indischen Musikern, aber auch die Zusammenarbeit mit Wolfgang Niedecken in CD-Produktionen und Grosskonzerten, Zusammenarbeiten mit dem London Philharmonic Orchestra und der Bremer Kammerphilharmonie, NDR-Bigband und dem WDR-Rundfunkorchester sowie seine Kuratortätigkeit bei der Ruhrtriennale mit Künstlern wie R.A. Ramamani, Mory Kante und Dhafer Youssef zeigen beispielhaft seinen Ideenreichtum sowie dessen begeisternde Umsetzung. Die erfolgreiche Indientournee des Bundesjazzorchesters mit dem Karnataka College of Percussion unter seiner Leitung und Initiation war der Auslöser zur Gründung des GlobalMusicOrchestra.
Goldstück
Natürlich heißt Goldstück anders, auch wenn er eins ist. Goldstück ist der Vetter eines mauretanischen Freundes in Nouakchott, und hat mich nach meiner Ankunft dort adoptiert. So gut wie jeden Abend habe ich bei ihm gegessen. Wenn ich mal nach der Arbeit erschöpft in meinem Zimmer blieb, kam er selbst abends um elf noch mit seinem klapprigen Kastenwagen vorbei, um mich abzuholen. Vorwurfsvoll bezichtigte er mich, schon woanders gegessen, und ihn damit verraten und beleidigt zu haben. Solcher Art Vorwürfe konnte ich nur dadurch zerstreuen, dass ich, selbst wenn ich nicht hungrig war, aß, bis mir die Schwarte platzte. Goldstück ist im Reinigungsgeschäft, d.h. er ist Kammerjäger. Von ihm habe ich gelernt, dass es ziemlich einfach sein soll, normale graue Mäuse zu fangen. Die weißen Mäuse allerdings, so mein Goldstück, sind wesentlich intelligenter. Sie schicken immer erst einen Vertreter vor, der die Lage peilt. Goldstück meinte, das läge vielleicht an der Hautfarbe. Überhaupt hat er eine einzigartige Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte in einfachen Worten auszudrücken. Er, der selber sehr dunkelhäutig ist, erklärte mir die erste mauretanische Regel im Straßenverkehr. Wenn du Ziegen oder Weiße siehst, meinte er, musst du bremsen. Bei Schwarzen, drück das Gaspedal durch. Dann bebte sein gewaltiger Körper von dem ungeheuren Lachen, dass ihn so sympathisch macht.
Goldstück ist ein Vertreter der unteren Mittelschicht, und lebt mit seiner Familie und seinem Vetter Tinana und dessen Familie in einem typischen afrikanischen städtischen Compound. Vor dem Haus ist ein umzäunter Platz, der als Werkstatt dient. Seitlich daran vorbei betritt man durch eine Tür den quadratischen Innenhof. Dieser ist vielleicht 8 × 8 m groß. Umgeben ist er auf einer Seite von einem Ziegenstall und auf den anderen Seiten von Küche und Aufenthaltsraum für Frauen und niedere Besucher, jeweils einem Wohn -, Schlaf - und Arbeitsraum für die Familien, und vor allem dem Salon. Die genaue Anzahl der Bewohner dieses Hauses konnte ich nicht feststellen, aber es waren an die 20. Der Salon ist ein teppichbedeckter, leerer Raum von etwa 40 m² Größe, dessen einziges Inventar ein Tragegestell für Dromedare sowie einige Kissen sind. Das Tragegestell ist eine Erinnerung an frühere Zeiten und dient gleichzeitig als Ablage und Kleiderständer. Hauptsächlich Männer betreten diesen Raum, aber auch maurische Frauen höheren Status können dort gemeinsam mit den Männern sich niederlassen. Die Atmosphäre ist äußerst entspannt. Man nimmt sich ein Kissen und legt sich erst mal bequem hin. Nach einigen Minuten der Konversation kommt eines der älteren Kinder und bringt die notwendigen Gerätschaften zum Händewaschen mit. Mit einer Kanne Wasser werden die Hände der Gäste und Mitglieder des Haushaltes übergossen, Seife wird gereicht und schließlich Handtücher.
Dann kommt, egal zu welcher Tages oder Nachtzeit, das Essen. Auf einem großen silbernen runden Tablett liegt in einem Reisbett der Fisch, das Huhn oder das Rindfleisch gemeinsam mit köstlich geschmorten Möhren, Auberginen und Süßkartoffeln. Alle greifen mit bloßen Händen zu, der Hausherr persönlich schiebt dem Gast die besten Stücke Fisch oder Huhn zu. Die Gesamtmasse wird in der hohlen Hand gut geknetet bis ein eigroßer Brocken entsteht der sich ohne größere Probleme in den Mund befördern lässt. Jeder der anwesend ist, oder gerade kommt, isst mit. Nachdem das Tablett leer ist - und ich habe nie eins gesehen, das auch nur Spuren von Restnahrung trug, nachdem die Mahlzeit vorbei war - kommt wieder eins der Kinder mit dem Geschirr zur Händereinigung. Danach wird verdaut, im Liegen. Nach einer Zeit des Dösens wird starker gesüßter Tee zubereitet und es beginnen dann die Gespräche. Wie alle Männer dieser Welt reden auch die Mauretanier am liebsten über Frauen. Natürlich unterscheiden sich ihre Ansichten gewaltig von denen eines Europäers. Ich erinnere mich an eine lange und kontroverse Diskussion über die Bemerkung von Goldstück, dass der Prophet gesagt habe, in der Hölle seien mehr Frauen als Männer. Dies sei darauf zurückzuführen, meinte er, dass, wenn Frauen fremdgehen, man nie sagen könne, wer dann der Vater des eventuell daraus resultierenden Kindes sei. Meine Bemerkung, dass zu einem jeden solchen Akt doch auch ein Mann gehöre, fiel auf fruchtlosen Boden. Goldstück liebte die Frauen, er war dafür berühmt und berüchtigt. Von dieser absurden Vorstellung allerdings konnte er sich nicht freimachen. Selbst seine mauretanischen Freunde und Verwandten, die sich in die Diskussion einschalteten, versuchten ihn zu besänftigen und seine Vorstellung zu ändern. Zum Abschluss der Diskussion meinte ich dann, wenn es denn so sei, wie er sagte, dann würde ich eben in die Hölle kommen und er könne sehen, was er davon habe, im Paradies die Ewigkeit mit Männern zu verbringen. Das stimmt ihn nachdenklich und das Gespräch endete im Gelächter der Anwesenden.
Goldstück ist ein vorbildlicher Familienvater. Zusätzlich zu seinen eigenen Kindern hat er ein elternloses Mädchen aus der Verwandtschaft aufgenommen. Er beschäftigt sich viel mit seinen Kindern, fährt mit ihnen und denen seines Vetters Tinana sowie allen, die zufällig da sind, samstags an den Strand und ist stolz darauf, dass alle in die Schule gehen. Seine Frau Khalifa, eine klassische afrikanische Schönheit, führt wie viele mauretanischen Frauen ein völlig anderes Leben als ihr Mann. Sie steht wie viele ihrer Geschlechtsgenossinnen unter der Drohung ihres Mannes, eine zweite oder dritte und vierte Frau zu nehmen. An den Diskussionen nimmt sie im Allgemeinen nicht teil sondern sitzt still da und bereitet Tee. Natürlich hört sie genau zu und manchmal meinte ich ein Aufblitzen in ihren Augen zu erkennen, wenn die Diskussion wieder einmal in die Absurditäten der männerdominierten Gesellschaft in Mauretanien sich begab. Meine Stellung als vertrauenswürdiger Außenseiter in der mauretanischen Gesellschaft machte es für manche Frauen möglich, mit mir über Dinge zu reden, die sie sonst vielleicht nicht aussprechen konnten. Nie werde ich vergessen, wie die Frau eines Besuchers zum Abschied zu mir sagte, ihr Mann würde sie "Die Alte" nennen, und er wolle sich eine zweite nehmen. Diese wunderschöne Dame war knapp über 30 und ihr Mann mindestens zehn Jahre älter.
Die Kinder waren natürlich begeistert von dem Besuch aus dem Ausland. Goldstück sagte mir, dass sie täglich nach mir fragten. Für mich waren die Kinder ein großes Glück und halfen mir über manche Probleme, Heimweh und die Gefühle des Alleinseins hinweg. Afrikanische Kinder sind weitgehend unbeaufsichtigt und organisieren sich selbst. Die Hierarchie ist klar und wird vom Alter bestimmt. Bringt man zum Beispiel Kekse oder Süßigkeiten mit, so übernimmt diese der oder die Älteste und verteilt sie gerecht. Diese Altershierarchie gilt in ganz Afrika, auch bei den Erwachsenen. Nach einiger Zeit war ich gleichsam ein Mitglied von Goldstücks Familie und täglich dort. Ich habe dort eine wunderbare Zeit verbracht, weiß aber, dass diese Geborgenheit auch ihren Preis hat. Die Familie ist Schutz und Gefängnis gleichzeitig, das sagen die Mauretanier selbst.
Zum Abschied sagte mir Goldstück, dass ich eine große Lücke hinterlassen würde. Ich glaube, das stimmt, denn auch in mir hat der Abschied von Goldstück und seiner Familie eine große Lücke hinterlassen und ich freue mich schon darauf, ihn und seine Lieben wieder zu sehen.
Gedanken eines Reisenden
Wie immer in den ersten Tagen nach einer Rückkehr aus Afrika bin ich voller Energie und die Ideen überschlagen sich in meinem Schädel. In Mauretanien habe ich drei Wochen lang mit der Sängerin Malouma daran gearbeitet, die maurische Musik in westliche Notenschrift zu übertragen und die zu Grunde liegende Theorie zu erforschen. Danach verbrachte ich einige Tage in Dakar, um ein Klavier-Solo-Konzert zu geben. Zum Abschluss reiste ich nach Guinea. Dort habe ich seit vielen Jahren Freunde und habe wie immer mit einheimischen Musikern gespielt.
Diese Reisen sind privilegiert, denn sie bringen mich in sehr engen Kontakt mit der Bevölkerung des jeweiligen Landes. Ich lebe und rede dort mit vielen Schichten der Bevölkerung, mit hochrangigen Politikern, Botschaftern aller Länder, mit dortigen Musikern und deren Freunden und ihrem Bekanntenkreis. Ich bin mir dessen bewusst, dass es - zumindest für mich - eine Auszeichnung ist, die Kultur des Gastlandes so kennen lernen zu können. Mit vier Erwachsenen und zehn Kindern in einem kleinen Kastenwagen von Nouakchott ans Meer und den Strand fahren zu können ist für mich genauso schön, wie mit Lemrabot Ibn Meidah den Geheimnissen der maurischen Musik nachzuspüren.
Vieles ist faszinierend und interessant an einer fremden Kultur, besonders wenn man sie hautnah erleben darf. Oft verstellt eine derartige Nähe und die Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Bevölkerung den Blick auf die dahinterliegenden Probleme. Sicher, jeder Besucher bemerkt als erstes die Armut in Afrika, die in Westeuropa nichts vergleichbares hat. Auch weiß man, dass im Allgemeinen in Afrika die politische Kaste, um es milde auszudrücken, nicht sonderlich vertrauenswürdig ist. In den westlichen Medien kommt Afrika nur als der Kontinent vor, in dem jedes Kleinkind eine Kalaschnikow trägt. Aber es gelingt den Menschen in Westafrika, ihre schwierige politische und soziale Umgebung mit bewunderungswürdiger Stärke zu ertragen. Überall dort, wo Gleichheit und Freiheit, zwei der drei Ideale der französischen Revolution, unter Druck geraten, da ist die Brüderlichkeit stark.
Dies soll keine Romantisierung der in West-Afrika wie überall auf dem Kontinent vorkommenden politischen Unterdrückung und der religiösen Spaltung und den daraus folgenden Grausamkeiten sein. Immer noch sind überall die Spuren der Kolonisation zu sehen, die nahtlos überzugehen scheinen in die Verletzungen, die den Ländern und ihren Bewohnern gleichsam traditionell durch Ausbeuter aus dem Ausland zugefügt werden. Übrigens steht den gewohnheitsmäßigen Profiteuren aus der westlichen Welt inzwischen starke Konkurrenz aus China ins Haus, welche äußerst geschickt sich - wenn es denn möglich ist - noch rücksichtsloser von den Küsten ins afrikanische Binnenland frisst, als es selbst deren leidgeplagte Bewohner für möglich gehalten hätten. Ein Blick auf das normale Leben der Afrikaner ist nur möglich, wenn man selbst dorthin fährt und feststellt, dass es auch nicht anders ist als zuhause in seiner Abfolge der Gewohnheiten und in Freud' und Leid hinter all dem Unbekannten und Ungewohnten.
Das äußerst heikle Thema der verschiedenen Religionen durfte ich in Mauretanien mit vielen Freunden und Bekannten diskutieren. Der dortige Islam ist nicht fanatisch und so gut wie jeder dort vor Ort verurteilt die falsche Auslegung dieser Religion zum Beispiel in Saudi-Arabien oder durch terroristische Gruppierungen wie die Boko Haram. Diesen Unterschied hat man mir in Deutschland nicht so gut erklärt, und ich wünschte mir, dass der muslimische Teil meiner Gesellschaft hier genauso stark und überzeugend sich öffentlich für den richtigen Islam und gegen den falschen einsetzte, wie es die Einwohner von Mauretanien tun. Trotzdem ist zum Beispiel Alkohol streng verboten und es gibt in der Hauptstadt keinen einzigen Club oder Diskothek. So ist es natürlich eine Herausforderung an meine Gesprächspartner, auf die Frage an welchen Gott ich denn glaube, zu antworten, dass ich an alles glaube, an Blumen, Bäume, Menschen, an mein Klavier. Dennoch habe ich bis jetzt auf diese Antwort noch keine negative Reaktion erfahren. Sie wird, vielleicht ungläubig und verwundert, akzeptiert. Dabei muss ich aber betonen, dass ich in solchen Situationen kein richtiger Fremder mehr bin, sondern als Freund eines Freundes sozusagen in der erweiterten Familie gesehen werde. Auch auf offener Straße oder in Taxis habe ich über solche Themen gesprochen, und war naturgemäß vorsichtiger. Einmal habe ich mich mit einer jungen Frau über ihre Stellung in der Gesellschaft Mauretaniens unterhalten und war tief beeindruckt über die Diskrepanz zwischen ihren eigenen Einstellungen. Auf der einen Seite gab mir diese strahlende und intelligente junge Frau aus der typischen Klasse zwischen Mittelschicht und Armut in Mauretanien einen erschütternden Einblick in die Problematik ihres Daseins als schwarze Einwohnerin in einer archaischen Gesellschaft, in der die Farbe der Haut und das Geschlecht Stellung und Macht dokumentieren. Sie gab mir zu verstehen, dass ihre Unzufriedenheit, als Frau in einer von Männern extrem dominierten Gesellschaft zu leben, von vielen ihrer Freundinnen geteilt würde. Auf der anderen Seite wagte ich es dann, sie auf die für mich nicht nachzuvollziehende Vorstellung, dass der Koran von Allah persönlich geschrieben sei, anzusprechen. Die Argumentation drehte sich schnell im Kreis, es war ihr unmöglich, darüber zu sprechen, und ich habe endgültig begriffen, dass alle Religionen, auch die ehemals meine, mit den Methoden der Gehirnwäsche arbeiten.
Das Erste, was mir immer wieder auffällt, wenn ich aus Asien oder Afrika nach Europa zurückkomme, sind die überall in der Öffentlichkeit auf Handys und Tablets gerichteten Blicke der Menschen. Vor einigen Tagen las ich in der Zeitung, dass inzwischen mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland alleine lebt. Umgeben von einer immer größeren Anzahl von elektronischen Instrumenten spielt sich das tägliche Leben mehr und mehr im Digitalen ab. Die tatsächliche Veralleinung des einzelnen wird konterkariert durch die Versprechungen der Industrie, die jedem einzelnen einen größeren Freundeskreis verheißen, als der es sich hätte träumen können. Natürlich wird jegliche Kritik an der Elektronik und ihren Segnungen als Retro und reaktionär betrachtet; der standardmäßige Vorwurf lautet dann Kulturpessimismus. Aber natürlich gilt hier, wie bei allem, dass man eben alles sehr genau betrachten muss, Segnung und Problem wie bei allem durch die Dosis bestimmt werden. Niemand leugnet den Vorteil einer mobilen Kommunikation. Trotzdem verführen diese Instrumente den Menschen, sich seiner Umgebung nicht bewusst zu sein und innerhalb einer Menge allein zu sein. Die Digitalisierung, die in der elektronischen Welt stattfindet, nimmt in unseren Köpfen ihren Anfang.
Die Tendenz dieser Haltung in der westlichen Zivilisation geht in die Richtung der totalen Vereinsamung. Dieser Umstand ist für mich eine der größten Bedrohungen unserer Zeit. Die prominenten Vertreter, die Kraken und Führer des völlig hemmungslosen Raubtierkapitalismus, der unsere Jetztzeit prägt, sind diesem Mechanismus genauso unterworfen, wie der bettelarme Slumbewohner, der nach einem Statussymbol giert. Paradoxerweise leiden die, die sich als Verführer und Profiteure aufspielen, als erste unter den Auswirkungen ihrer reflektionslosen Strategie des Weiter, Höher, Schneller. Wie kann es in einem begrenzten Raum endloses Wachstum geben? Ein jeder weiß, dass ein übervolles Glas überläuft. Trotzdem kann ein Wahlkampf nur gewonnen werden, wenn der Politiker physikalisch unmögliches wie unbegrenztes Wachstum verspricht. Eine Stärke des unterentwickelten Afrika liegt paradoxerweise im noch weitgehenden Fehlen dieses digitalen Fangnetzes. In Guinea-Bissau gibt es sehr oft keinen Strom. Die Menschen dort sitzen abends nicht vor dem Fernseher, sondern auf der Straße vor den Häusern und kommunizieren miteinander. So weit entfremdet bin ich selbst von diesem normalen Miteinander, dass es mir auffällt und ich dieses hier niederschreiben muss.
Das grundlegende Problem in der Richtung unseres derzeitigen Lebens in Westeuropa sehe ich in der Entspiritualisierung. Was nützt es mir, wenn ich alleine in meinem bequemen Polsterstuhl sitze, umgeben von allen möglichen elektronischen Helferlein, wenn ich kein menschliches Gesicht sehe, keine menschliche Hand verspüre, die mich berührt? Die tiefe Verwurzelung in einer archaischen Gesellschaft, so ungerecht und grausam diese sein mag, hat dennoch als positiven Aspekt das spirituelle Dasein. Es schmerzt mich, zu sehen, wie in Afrika junge Menschen vor dem Fernseher sitzen, und hungrig die hohlen Versprechungen der mehrwertorientierten Industrie aufsaugen. Ihnen wird suggeriert, sich anzustrengen und zu arbeiten für Konsumgüter, die ihnen die dümmsten Inhalte bieten, die man sich denken kann und sie gleichzeitig weiter in Richtung Dummheit und Herdenverhalten lenken. Klar, wird man sagen, europäische Hybris, der, der alles hat, kann es sich leisten, so zu reden. Aber ich kann guten Gewissens meinen afrikanischen Freunden nicht zustimmen, die sich auf den gleichen Weg begeben, den wir hier in Europa beschreiten. Was ist ein Facebook-Freund? Tröstet er mich, wenn ich leide? Teilt er meine ausgelassene Freude, wenn ich auf dem Rasen tanze? Isst und trinkt er mit mir zusammen an einem lauen Sommerabend? Und wird er bei mir sein in der Stunde meines Todes?
Hier eine kleine Kostprobe der "Musique Maure", mit deren Transkription ich mich schon seit einiger Zeit beschäftige. Wir hören die Sängerin Malouma mint Meidah mit ihrem Bruder Lemrabot und der Musikerin Lalah.
7 - Die Gnade der Hierarchie
Wie nur soll ich dem kompliziertesten Konstrukt der Menschheit, diesem funkelnden Edelstein aus Emotionen und vermeintlicher Logik, nämlich der Hierarchie und der durch sie verursachten Gnade gerecht werden? Ähnlich dem Gotte Mammon, dessen Allmacht ich schon weiter oben gepriesen habe, umfasst und bestimmt sie das gesamte Da- und Sosein des Menschen, von der Wiege bis zum Grabe. Und ist es nicht wirklich und wahrlich wunderbar, wie dieses künstliche Gebilde, das nur aus der Fantasie des Menschen stammt, seine Existenz, sein Vorwärtskommen (oder was er dafür hält) und sein Glück bestimmt? Wohl dem Manne oder der Frau, der früh die geballte Macht der Hierarchie erkennt und sein weiteres Leben darauf ausrichtet, die Hierarchie wird ihm ihre Gnade erweisen, wie allen, die ihr ohne lästiges Nachfragen dienen.
Stärker ist sie als alle Fakten, stärker als jedes Genie, das glaubt, ohne sie auszukommen, stärker als jede Freundschaft, die sie beiläufig beenden kann, wie sie nur will, stärker sogar manchmal als die Liebe, die einer geordneten Fortführung der Hierarchie und ihrer Gnade nur im Wege steht in ihrer unabsichtlichen Auflösung der Machtverhältnisse zwischen zumindest zwei Menschen. Niemand auf dieser Welt kommt ohne Hierarchie aus, sie transzendiert Nationalitäten und Rassen, Religionen und Systeme und sie ist es, die in Wahrheit alle Menschen gleichmacht, denn welch ein Unterschied besteht schon zwischen einem um Kredit buckelnden Bauern aus der Ukraine und seinem Pendant aus den USA, wenn beide die gleichen uralten Rituale der Unterwerfung unter die etablierte Ordnung vollziehen?
Ganz eigentlich liegt die Gnade der Hierarchie in der Erkenntnis ihrer Allumfassenheit. Vielleicht der Hauptzweck der Hierarchie, sicher aber ihre unmittelbarste Auswirkung ist die Verewigung ihrer Existenz bei gleichzeitig unendlichem Wachstum. Wie viel Genie ist darauf verwendet worden, immer neue überflüssige Posten zu schaffen, immer neue Geldausgaben zu ersinnen, damit auch im Folgejahr der Rubel rollt wie bisher? Dieses hervorstechendste Merkmal der Hierarchie, ihre Aufblähung bei gleichzeitig sinkender Effizienz ist nicht anderes als die Entsprechung unserer Realität, wo ein sich aufblähendes Weltall bei immer grösser werdender Entropie zu dem Zweck geschaffen scheint, den sich gleichermassen vergrößernden Hierarchien auch genügend Platz zu bieten, wir erkennen einen wahrhaft göttlichen Plan!
Gerechtigkeit steht an vorderster Front der Gnadengeschenke der Hierarchie, denn nicht nur ist es gleichgültig, ob ein beliebiges Mitglied der Hierarchie fähig ist, seinen Posten auszufüllen, sondern die Hierarchie in ihrer Gnade regt den menschlichen Geist zu ungeahnter Kreativität an, die darauf gerichtet ist, jegliche Effizienz zunichte zu machen und dadurch ein Arbeitsklima zu schaffen, das für den Langsamsten oft zu schnell erscheint und dadurch wahrlich demokratisch jeden gleichermaßen behindert. Einsicht in die Ohnmacht des einzelnen - was sind wir schon angesichts von Sonnenflecken, Steuerreformen oder Tsunamis mehr als arme, eingebildete Menschlein? - ist ein zweites Geschenk der Hierarchie, die damit auch die christliche Forderung nach Demut als wahre Tugend auf ihre Fahnen schreibt. Gleichheit: diese zentrale Forderung der französischen Revolution ist in jeder Hierarchie per definitionem verwirklicht, denn jeder, aber auch wirklich jeder ist gleich unzufrieden, sei er ganz oben oder ganz unten in welcher Hackordnung auch immer. Und ehrfürchtig erstaunt steht der Mensch vor dem wahren Wunder der Hierarchie, denn so unglaublich es auch erscheinen mag, so gibt es doch manchmal unerwarteter Weise Resultate, die mitunter sogar so beabsichtigt waren. Allerdings kann man nicht klar genug betonen, dass Ergebnisse eindeutig nicht der Zweck der Hierarchie sind, sondern im Normalfall zwar gleichgültig dankend entgegen genommen werden, aber auf Dauer den geordneten Ablauf des täglichen Lebens nur stören.
Und welch ein Leben das ist! Mit ständig bis aufs höchste geschärften Sinnen nimmt der Angehörige der Hierarchie seine Umwelt in sich auf, er ist sich immerzu der bis in kleinste Verästelungen reichenden Rangfolge seiner Mithierarchisten und natürlich seines Platzes in ihr bewusst. Jedes Niesen seines Chefs, jeder Fehltritt eines Gleichgestellten wird registriert, bewertet und abgelegt, der wache Geist des hierarchischen Menschen ist ein Beweis für die Nützlichkeit der Form. Dafür muss der aufstrebende Angestellte bei allen Wohltaten, die er erhält, auch seine Pflichten erfüllen, die darin bestehen, nach oben alles zu lecken und nach unten alles zu treten, was sich nicht wehren kann. Aber daran gewöhnt man sich schnell, wie jeder neue Tag millionenfach beweist, und es ist ein kleiner Preis, fast nur ein sportliches Ringen, den jedes Mitglied einer Hierarchie bezahlt. Wahre Kämpfer sind das, ebenbürtige Abbilder des Jägers und Sammlers aus der Frühzeit des Menschen, nur dass man eben keine Früchte sondern Beweise gegen jemand sammelt, dass man statt gegen einen Bären gegen seinen Vorgesetzten kämpft, den man so bald wie möglich ersetzen will. Und dort angekommen, auf dem Posten seines Vorgängers findet jedes Mitglied einer Hierarchie seine wahre Gnade, jedermann endet irgendwann auf einer Stelle, die ihn überfordert. Aber das ist kein Fehler, sondern Sinn und Zweck der Hierarchie, die endlich, endlich nach langer Anstrengung einem jeden zeigt, dass er überflüssig ist, dass er sich guten Gewissens im Glanz seiner ganz gewöhnlichen Unfähigkeit sonnen kann, dass er sich entspannen kann, dass er eins ist mit seinen Mitmenschen. Ist größeres Glück denkbar?
06.10.2013
Es gibt viele Gründe, Flughäfen nicht zu mögen. Schon die Anlage eins solchen ist heutzutage mit großen Schwierigkeiten verbunden, denn auf die Annehmlichkeiten der schnellen Verbindung will kaum jemand verzichten, aber im Einzugsgebiet eines jeden Flughafens kämpft der Bürger mit Lärm - und Naturschutzargumenten gegen eine solchen in seiner Nähe. Das haben Flughäfen mit Atomkraftwerken, Asylantenheimen, Endlagerstätten und psychiatrischenKliniken gemeinsam; alle diese Einrichtungen und etliche andere mehr sollten eigentlich mindestens einen Kilometer unter der Erdoberfläche liegen, wenns nach dem Wutbürger geht. Ist bei Flughäfen natürlich schwer zu machen. Was mich ungemein ärgert, ist die Tatsache, dass Flughäfen heutzutage in schamlosester Weise den Konsum verherrlichen. Abgesehen von der Unverschämtheit, manche Flughäfen so zu bauen, dass man nur mit einem Hindernislaufen durch die Duty - Free - Zone das Abfluggate erreichen kann, ist die Zurschaustellung vollkommen überflüssigen Luxus' geradezu obszön. Teuerste Parfums und sonstige Cremes, Mode, Zigaretten und Alkoholika stehen vor dem Passagier Spalier und werben auf aufdringlichste Weise um seine mitgebrachten Devisen. Nein, nein, nicht dass man dieses falsch versteht, man nimmt auch Dollar, Euro, libanesische Pfund, wahrscheinlich auch Goldbarren oder Blutdiamanten aus dem Kongo. Hier in Beirut ist die Ansammlung der Boutiquen nicht nur in der Stadt sondern auch am Airport von für mich unbekannter Dichte. Als ganz besonders pervers empfinde ich die Werbung, die die bekannten Models mit kurzen Kleidern, tiefen Ausschnitten, nackten Armen und Beinen und wallender offener Haarpracht präsentiert. Gleich nebenan geht's zum Gebetsraum für Muslime, und mindestens die Hälfte der anwesenden Frauen geht mit Kopftuch und den alles verhüllenden langen Gewändern an dieser Zurschaustellung vorbei. Nur die Bedienung ist nach westlicher Art gekleidet und stolziert mit unendlich gelangweilten Mienen immer wieder ein paar Meter hin und her vor den Waren herum. Je weiter man in Richtung Golf vordringt, umso schizophrener wird dieses Missverhältnis, das schlussendlich nichts anderes zeigt, als die Macht des Geldes über jede noch so heftige Verteidigung irgendwelcher Werte, seine sie christlich oder muslimisch. Wenn ich doch darin nur etwas Positives sehen könnte! Das Totschlagargument der Wirtschaftskraft und der Arbeitsplätze kommt mir schon zu den Ohren heraus, fällt uns wirklich nichts Besseres für ein blühendes Gemeinwesen und ein sinnvolles Leben ein als Konsum bis zum Erbrechen? Gehört eine Rolex, ein Dior-Parfum, ein Porsche zum unverzichtbaren Glück? Mich schaudert bei dem Gedanken, aber vielleicht bin ich nur ein unverbesserlicher Gutmensch, der einen Strandspaziergang einem Duty -Free-Einkauf vorzieht, von Volkswirtschaft keine Ahnung hat und gefälligst schnellstens weitergehen und dem nächsten Konsumenten Platz machen sollte. Wer hat behauptet, dass Geld nicht stinkt? In denn Flughäfen dieser Welt hat es den Geruch Chanel und Lancome, und ich bin jedes Mal froh, wenn ich aus den Tempeln heraustrete aufs Rollfeld, möge dies auch noch so sehr nach Kerosin riechen.....
05.10.2013
Wie immer, wenn ich mit Djiby unterwegs bin, fällt es mir schwer, meine regelmäßigen Blogeinträge durchzuhalten. Das Zusammenleben mit Afrikanern gefällt mir ungemein, es lässt aber vergleichsweise wenig Zeit für das, was wir Europäer als Privatleben bezeichnen. So gut wie alle Aktivitäten im Zusammenleben werden gemeinsam durchgeführt, man ist auch nicht so oft für sich, wie man es gewohnt ist. Ich brauche immer mehrere Tage, bis ich (zum x-ten Mal) bemerke, dass eigentlich ich selbst es bin, der sich (zum Beispiel) am Schreiben hindert. Dann wird es leichter und ich mache das, was meine afrikanischen Freunde auch tun, nämlich sich nicht stören zu lassen von der Anwesenheit anderer und einfach das machen, was gerade anliegt. Ich beobachte also bei mir selbst immer wieder eine Kulturverwirrung, und das, obwohl ich zum Beispiel mit Djiby ja gut befreundet bin und - wie man hier feststellt - mich bemühe, über kulturelle Unterschiede nachzudenken. In Indien ist der Drang zum Zusammensein noch viel stärker als in Afrika; allein zu sein ist dort fast eine Schande, auf jeden Fall ein bedauernswerter Zustand. Ein jeder Inder aber hat die Fähigkeit, seine eigene Privatsphäre um sich herum aufzubauen und kann selbst in einer Menschenmenge im Handumdrehen vollkommen in sich selbst versinken und sich gleichsam an einen persönlichen Ort zurückziehen, an dem er seinen Überlegungen nachgeht. Auch das ist etwas, das ich mir bei Aufenthalten in Indien mühselig angeeignet habe und jedesmal neu erarbeiten muss, wenn ich nach längerer Abwesenheit dorthin zurückkehre. In Afrika beobachte ich dagegen des öfteren, dass Afrikaner, die allein sind, in einen Wartezustand verfallen, in dem sie notfalls tagelang verharren können, ein Verhalten, das der große Afrikakenner Richard Kapuczinsky in seinen Büchern treffend schildert. Sicherlich ist dieses Verhalten der afrikanischen Realität geschuldet, in der es überlebensnotwendig ist, möglichst energiesparend und relativ bewegungslos zu verharren, indem man zum Beispiel - wie man immer wieder beobachten kann - klaglos in größter Hitze auf das zu keiner bestimmten Zeit ankommende Transportmittel wartet, oder eine Dürreperiode übersteht. Jetzt habe ich mich daran gewöhnt, dass ich - zum Beispiel - dies hier gerade schreibe, und ab und zu Djiby hereinkommt, mich etwas fragt oder einfach nur sich hinsetzt und seine Facebook - Seite pflegt, während ich weiterschreibe. In Deutschland würde ich mich verpflichtet fühlen, meine Arbeit zur Seite zu legen, um mich mit dem "Gast" zu beschäftigen, hier ist das nicht nötig und wird nicht als unangenehm empfunden, im Gegenteil. Dies ist ein Aspekt der afrikanischen Gesellschaft, den ich - nach der Eingewöhnungszeit - als angenehm empfinde und den ich als "zivil" bezeichnen möchte. Ein weiteres Beispiel: Durch die orale Kultur fast aller afrikanischen Gesellschaften bedingt, gibt es in vielen Städten und Dörfern Afrikas kaum Straßenschilder. Wenn man also eine Adresse oder überhaupt irgend etwas finden möchte, muss man jemanden fragen, und zwar ständig und unentwegt. Da dies aber jedermann tun muss, unabhängig von Stand oder Besitz, hat sich - zumindest in meinen Augen - eben diese "Zivilität" entwickelt, die es möglich und alltäglich macht, ständig sich anderen gegenüber in eine "Schuld" zu setzen, die als selbstverständlich empfangen und zurückgegeben wird. Natürlich bleiben die enormen materiellen und rechtlichen Unterschiede und Ungerechtigkeiten innerhalb der afrikanischen Gesellschaft bestehen, welche Ursache vieler Probleme in diesem Kontinent sind und sich auf zum Teil grausame Weise zeigen. Und doch empfinde ich es als wunderbar, dass ich auf jeden zugehen kann, ihn ansprechen kann und ganz selbstverständlich mich auf seine Hilfe verlassen kann. Das, leider, ist in meiner Heimat längst nicht alltäglich! Dies habe ich schon des öfteren erlebt, wenn ich beseelt aus Afrika oder Indonesien kam und voll der Erleuchtung mich eines ähnlichen Verhaltens befleißigte. "Wat will der Idiot" war noch eine der harmloseren Reaktionen darauf und hat mich dann schnell wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ich liebe meine Heimat, wohlgemerkt, bin stolz auf die sozialen Errungenschaften, die wir uns erkämpft haben und lasse das im Ausland bei jeder passenden Gelegenheit auch durchklingen. Aber in Punkto zwischenmenschlicher Beziehungen, Freunde, da können wir noch von den Afrikanern und anderen Drittweltbewohnern lernen!
01.10.2013
Gestern Nachmittag bin ich in Beirut angekommen. Auf Einladung der Deutschen Botschaft sollen mein Partner Djiby Diabate und ich anlässlich der Feier zum Tag der Deutschen Einheit eine Interpretation der deutschen und der libanesischen Nationalhymne aufführen. Am Tag darauf ist ein Konzert im Französischen Kulturinstitut geplant. Eine Woche darf ich bleiben und wohne in der Residenz des Botschafters. Diese liegt auf einem Hügel im Süden von Beirut und bietet einen atemberaubenden Ausblick über das Mittelmeer und die Stadt. Es gibt ein Klavier im Haus und ich habe mir meinen lang gehegten Traum erfüllt und den ganzen Nachmittag angesichts des Meeres gespielt, das ist mir noch nie gelungen! Jetzt sitze ich ganz entspannt und glücklich auf der Terrasse und schaue in die untergehende Sonne, die majestätisch ins Meer eintaucht, wie jeden Tag übrigens. Djibys Reise von Dakar hierher stellt sich offenbar nicht so einfach dar. Anscheinend gab es ein Problem mit seinem Ticket und er ist noch nicht da! Die Botschaft versucht frenetisch, etwas zu organisieren, aber wahrscheinlich wird Djiby erst zwei Stunden vor unserem ersten Konzert landen. Dabei war alles so gut geplant, wir wollten tüchtig proben und unser Repertoire in Bezug auf unsere nächste Platte erweitern. Hoffentlich kommt er überhaupt! Als Kölner bin ich ja prädestiniert für afrikanische Verhältnisse, der Spruch " Et hätt noch emmer jot jejange" hätte auch von einem Afrikaner geprägt worden sein, genau wie " Et kütt wie et kütt". Über Beirut selbst kann ich noch nicht viel sagen. Es ist mein erstes Mal im Nahen Osten (wenn man eine Studentenreise durch Israel vor mehr Jahren, als ich zuzugeben bereit bin, nicht mitzählt) und war erst gestern Abend und heute morgen in der Stadt. Es scheint fast ein Klischee zu sein, aber ich fühle eine Spannung in den Menschen, die mir aus Europa und Afrika unbekannt ist. Verschiedene Deutsche, mit denen ich heute gesprochen habe, bestätigen mir mein Gefühl. Der Libanon ist seit der Vertreibung der Armenier aus ihrer Heimat 1916 Anlaufpunkt für Flüchtlinge, und die eigentlich libanesische Bevölkerung ist in der Minderzahl, man übertrage das mal auf Deutschland! Und dennoch kommen die Libanesen irgendwie damit klar, was sollen sie auch sonst machen. Die Stadt hat sich wiederum mehr dem Westen geöffnet, fast in einer Trotzreaktion, wie mir einer meiner Gesprächspartner sagte. Es gibt keine offensichtliche Armut wie in afrikanischen oder indischen Großstädten, viele Preise sind in Dollar angeschlagen und die Porsche - Dichte in der Stadt ist sicher höher als in Deutschland. Israel liegt nebenan und ist der Feind, genau wie umgekehrt, eine Versöhnung scheint mir in weitester Ferne zu liegen, Diskussionen über das Thema sind schwer vermint und so gut wie unmöglich. Ich habe mir vorgenommen, so wenig Urteile zu fällen, wie es mir möglich ist, ein Unterfangen, von dem die Leser meines Blogs wissen, dass es zum Scheitern verurteilt ist....Aber ich werde es versuchen und weiter berichten!
Auf Einladung der Deutschen Botschaft im Libanon wird das GlobalMusicOrchestra in Form des Duos Djiby Diabate/Mike Herting am 3.Oktober auf dem Empfang zum Tag der Deutschen Einheit konzertieren. Auf Wunsch des Botschafters wird das Duo die Nationalhymnen des Libanon und Deutschlands bearbeiten und zur Aufführung bringen. Am 4. Oktober folgt ein Konzert im Französischen Kulturzentrum. Gemeinsame Veranstalter sind die Europäischen Kulturinstitute im Libanon, die sogenannte EUNIC-Gruppe. Ebenfalls geplant sind Begegnungen mit libanesischen Musikern. Wir freuen uns auf die Konzerte und sehen dem Aufenthalt in dieser ganz besonderen Weltgegend mit Aufmerksamkeit und Spannung entgegen!
Jetzt hab ich es tatsächlich gewagt und mein erstes Buch veröffentlicht! Es heißt "Neue Lügengeschichten des Herrn von Ting" und berichtet über die Abenteuer, die seinem Helden, eben dem Herrn von Ting zugestoßen sind. Ab sofort ist es als ebook-Version bei amazon erhältlich.